Über den Tellerrand

Migrantische Wanderarbeiter*innen werden nicht nur in der Landwirtschaft ausgebeutet, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Insbesondere in der Pflege, in der Fleischindustrie und im Bau arbeiten Menschen oft zu niedrigen Löhnen, unzureichend versichert und machen Sexismus- und/oder Rassismuserfahrungen.
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Pixabay / cocoparisienne

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Migrantisch geprägte Saisonarbeit in der Automobilindustrie am Beispiel der Tesla Gigafactory Grünheide

Tesla gibt vor, divers und inklusiv zu sein. Tatsächlich ist Tesla divers – aber zu welchem Preis?

Bei dem US-amerikanischen Automobilunternehmen Tesla, welches sich 2020 mit einer Gigafactory inmitten des Brandenburgischen Nadelwaldes niedergelassen hat, scheint die Position in der Betriebshierarchie stark an die Nationalität gekoppelt. Im niedrigen Lohnsegment, der Produktion, arbeiten demnach fast ausschließlich migrantische Arbeitskräfte. Viele sind erst seit einigen Jahren in Deutschland, nicht wenige haben eine Fluchtbiographie. Ein bedeutender Anteil der Produktionarbeiter*innen bei Tesla ist sogar aus einem sogenannten Drittstaat, also nicht aus einem EU-Mitgliedsstaat (oder der Schweiz). Dazu kommen die Grenzpendler*innen aus Polen.
/ga

Mall of Shame

Eindrucksvolle Fassaden, glitzernde Gänge, gläsernes Dach. Es handelt sich um die Mall of Berlin, ein Berliner Shoppingcenter, gebaut in den Jahren 2011 bis 2014. Doch der Schein trügt, der Bau der Mall of Berlin sorgte für einen großen Skandal: Die dort beschäftigten v.a. rumänischen Bauarbeiter* erhielten einen wesentlich geringeren Lohn als es der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland vorsieht. Manche von ihnen wurden gar nicht bezahlt. Gleichzeitig sahen sie sich mit prekären Arbeits- und Lebensbedingungen konfrontiert: Körperliche Arbeit bis zu zehn Stunden am Tag, teilweise ohne Pausen, an sechs Tagen die Woche. Die Berliner Gewerkschaft FAU (Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter Union), welche sich für die Rechte der Arbeitnehmer*innen (u.a. vor Gericht) einsetzte, etablierte einen neuen Namen für das Shoppingcenter, die Mall of Shame.
/mg

Ausbeutung von Migrantinnen* in der häuslichen Care-Arbeit

Die in großen Teilen von Frauen* verrichtete häusliche Fürsorge- und Pflegearbeit (Care-Arbeit) findet i.d.R. unbezahlt statt und erfährt in der Öffentlichkeit nur unzureichend Anerkennung. In jüngster Vergangenheit wurde die Unsichtbarkeit von Care- bzw. Reproduktionsarbeit in feministischen Kreisen zunehmend problematisiert und öffentlich kritisiert. Im Folgenden soll der Blick auf Migrantinnen* in der institutionalisierten häuslichen Care-Arbeit gerichtet werden. Insbesondere ukrainische Care-Arbeiterinnen* sehen sich mit schlechten Arbeitsbedingungen konfrontiert.

Das Entstehen einer sogenannten Care-Gap in Deutschland lässt sich auf zwei wesentliche Ursachen zurückführen. Zum einen steigt mit der sich wandelnden Geschlechterordnung die Frauen*erwerbstätigkeit. Zum anderen erhöht der demographische Wandel in Deutschland bzw. die alternde Gesellschaft den Bedarf an (externen) Pflegekräften bzw. Care-Arbeiterinnen*. Dies hat eine globale Neuverteilung der Care- bzw. Fürsorgearbeit zwischen v.a. Frauen* zur Folge.
/mg

Care-Arbeit ist Reproduktionsarbeit

Care-Arbeit ist Reproduktionsarbeit. Leistet eine Person Produktionsarbeit im Sinne des Normalarbeitsverhältnisses, benötigt dies eine weitere Person, welche die häusliche Care-Arbeit (Sorgearbeit) übernimmt (Reproduktion der Arbeitskraft). Diese häusliche Care-Arbeit wird vornehmlich von Frauen* entsprechend des konventionellen Familienmodells geleistet. Mit der Auflösung des klassischen Ernährermodells (eine Person in der Vollerwerbstätigkeit i.d.R der Mann*/Ernährer) sehen sich v.a. Frauen* mit dem Phänomen der doppelten Vergesellschaftung konfrontiert d.h. sie sind einerseits erwerbstätig (durch Ausübung einer atypischen Beschäftigungsform z.B. einer Teilbeschäftigung) und andererseits verantwortlich für die Erledigung der häuslichen Care-Arbeit (z.B. Pflege/Erziehung der Kinder).

„Die Persistenz der Ideologie weiblicher Häuslichkeit, die ‚force of domesticity‘, blockiert auf der einen Seite den Fortschritt von Frauen. Auf der anderen Seite schafft sie Beziehungen zwischen Frauen in Zeiten der Globalisierung und eine mögliche Ausgangsbasis für eine transnationale feministische Solidarität.“ (DaMigra, 2022)

Zum Weiterlesen:

Wanderarbeiter*innen in der Pflege

In dieser Analyse vom Deutschen Institut für Menschenrechte wird die problematische Situation häuslicher Betreuungskräfte in sogenannten "Live-Ins" thematisiert.

Wanderarbeiter*innen & Fleischindustrie

Das Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Praxis. Eine erste Bilanz aus der Perspektive von Faire Mobilität.